Leonard
15 Jahre

06.30 Uhr
Da klingelte früher mein Wecker. Früher. Vor Corona. Die Zeit habe ich schon lange ausgestellt.

07.30 Uhr
Erstes Weckerklingeln ‚in Zeiten von Corona‘ – wie es so schön heißt. An vier von fünf Tagen ignoriere ich es. Schließlich bin ich erst nach Mitternacht ins Bett.

08.30 Uhr
Ich kann ja doch nicht mehr schlafen. Aber Unterricht habe ich heute auch keinen. Also drehe ich mich wieder um.

09.30 Uhr
Mittlerweile kenne ich alle neuen Stories auf Insta und TikTok und scrolle mich aus Langeweile mal wieder durch Facebook. Das Aufstehen kann ich wohl nicht mehr lange hinauszögern. Die Frage nach dem „Was werde ich heute tun“ schwebt über mir wie eine Gewitterwolke. Aber eine, die nicht in erlösendem Regen endet, sondern mir allenfalls bösen Kopfschmerz bringt.

11.30 Uhr
So langsam habe ich mich sortiert: Die Mails meiner Lehrer sind alle geöffnet. Ich starre auf den Berg voller Aufgaben und hoffe, dass er sich wie durch einen Blitz (vielleicht von der Gewitterwolke) von selbst strukturiert und mir sagt, mit was ich am besten beginnen sollte. Ich ärgere mich dabei über mich selbst. Ich bin immer gern zur Schule gegangen, das Mitarbeiten ist mir leichtgefallen. Seit ich zu Hause bleiben muss, ist das anders. Am meisten ärgert mich aber, dass ich nicht weiß, warum.

12.30 Uhr
Ich habe mir Mittag gemacht. Oder besser Frühstück? Jetzt noch schnell den Vortrag zum Nahost-Konflikt fertig machen, der schon seit Tagen halbfertig im PowerPoint geöffnet ist. Vielleicht freuen sich dann auch meine Eltern mal wieder, dass ich was geschafft habe.

14.00 Uhr
Puh. Das hat doch noch einmal länger gedauert, als ich gehofft hatte und ich wünsche mir, dass meine Lehrerin diesmal mehr als eine ‚Ist angekommen-Mail‘ schreibt … Die Spülmaschine muss ich aber wohl doch später ausräumen. Jetzt erstmal zum Kindergarten meine kleine Schwester abholen.